Serie 1 / Details
Foto, Gemälde, Druck? Die Werke, die Torsten Pracht in seiner einzigartigen Technik erstellt, entziehen sich einer Festlegung. Für den Künstler sind diese Kategorien nicht von Bedeutung. Wichtig ist das Ergebnis: Die Irritation des Betrachters und eine neue, eine andere, eine fremde Sicht auf die vertrauten Dinge des Alltags. Deshalb steht für Pracht das Motiv im Zentrum seiner Arbeit. Seine Fotos, entstanden zu ganz unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten der Welt, sind die Basis. Sie machen Alltagsanblicke zu Motiven. Schon das ist ungewöhnlich, denn es verschiebt die Wertigkeit der Dinge, gerade weil die Perspektive des Fotografen unser gewohnter optischer Blickwinkel auf die Alltagswelt ist. Die daraus entstehenden Kunstwerke jedoch fordern zum Perspektivwechsel auf: Je weiter der Betrachter sich entfernt, umso deutlicher das Motiv, je näher er kommt, umso mehr entgleitet der Zusammenhang. Dafür erkennt er andere Facetten des Alltags. Und andere Facetten des Werks: Aus der Nähe werden Schichten deutlich, der weiße und schwarze Farbauftrag, die Konturen der Schnittlinien. Und so wechselt der Betrachter mit jedem Schritt zwischen Kunst und Alltag. Die Wertigkeiten und Kategorien verschwimmen so wie das Moiré der Linien die Motive je nach Abstand (un)fassbar werden lässt.
Für Torsten Pracht war Kunst schon immer ein Prozess der Verlangsamung. Die Umsetzung dieser Überzeugung, der langsame Weg zum fertigen Werk, ist elementarer Bestandteil der Arbeiten und des Arbeitens von Pracht. Seine Technik, in der mehrere völlig verschiedene und voneinander unabhängige Arbeitsschritte zum fertigen Bild führen, übersetzt Prachts Blick auf die Kunst in Kunstwerke: Die sorgfältige Auswahl des Motivs, die Bearbeitung der Fotovorlage und vor allem der dann folgende, bis zu mehrere Wochen dauernde und schon fast meditativ anmutende Prozess des Schneidens, verleihen den Alltagsmotiven ihre besondere Wertigkeit, geben ihnen eine neue Bedeutsamkeit. Die Werkzeuge und Werkstoffe sind wiederum fast alltäglich: Skalpell, Holz, Papier und Acrylfarbe. Ihre einzigartige Verwendung und die Zerstörung der Papierschablone durch den Schaffensprozess machen alle Werke zu Unikaten. Pracht unterstreicht auf diese Weise den beschriebenen Wertewechsel in Bezug auf Alltagsmotive und Alltagswelt hin zu Motiv und Kunstwerk.
Torsten Pracht, geboren 1974, lebt und arbeitet als freiberuflicher Künstler und Grafikdesigner im niedersächsischen Osnabrück. Seit über 20 Jahren entwickelt und realisiert er Kommunikationskonzepte für seine Kunden. In den vergangenen Jahren verlegte Pracht den Schwerpunkt seiner kreativen Arbeit zunehmend in die Kunst. Nach ersten Stencil-Arbeiten entwickelte er eine eigene Technik und schuf so die Basis für die hier gezeigten Werke.